Meudalismus
Irrwege

Die Gewerkschaften haben Recht
-
Und die Arbeitgeber haben auch Recht

(2001 - 2003, Ergänzung 2008)

von
Harald Wozniewski

“So ein Quatsch”, werden Sie denken, “entweder - oder”. Nein, das ist kein Quatsch. Die Gewerkschaften haben Recht damit, dass, wenn man den Arbeitnehmern mehr Geld gibt, sie dann mehr ausgeben können und dass das die Konjunktur belebt. Und die Arbeitgeber haben Recht damit, dass, wenn sie weniger Kosten durch Arbeitnehmer haben, sie ihrerseits mehr ausgeben können (“Investitionen”) und dass das die Konjunktur belebt. Der Streit ist scheinbar der: Wer darf mehr Geld ausgeben, um damit die Konjunktur zu beleben. Jüngstes Beispiel für diesen Disput ist das Streitgespräch zwischen Hans-Werner Sinn und Peter Bofinger, Der Spiegel 50/2004, S. 94 ff:

So geht der Streit schon seit Jahrzehnten. Und die Arbeitslosenzahl, die Konkurse, die Entlassungen (der “Stellenabbau”) und die Verschuldungen der öffentlichen Haushalte steigen und steigen. Na, und seit 2001 erkennt man sogar, dass wir in einer Rezession stecken.

Woran liegt's? Die Antwort liegt etwas versteckt: Unsere Volkswirtschaft ist eine Geldwirtschaft, d. h.: Im wesentlichen werden unter den Marktteilnehmern Güter (Waren, Dienste UND die Leistungen von Arbeitnehmern) gegen Geld “getauscht”. Wie der Streit oben zeigt, werden “am Markt” nicht - wie nach dem II. Weltkrieg - zu wenige Güter angeboten; auch jeder Arbeitslose und jeder erfolglose Unternehmer bietet schließlich seine Güter an. Vielmehr ist zu wenig Geld da, um die Güter abzufragen! Jetzt werden viele sagen, dass es in unserer Volkswirtschaft noch nie so viel Geld gab wie heute. Das ist richtig. Entscheidend ist aber nicht, wie viel Geld es insgesamt ist, sondern wie sich das Geld unter den Marktteilnehmern verteilt. Um es kurz zu machen: Der Güteraustausch, mithin unsere Volkswirtschaft, ist gebremst, weil zu viel Geld in zu wenige private Hände und von dort nicht mehr richtig in die Volkswirtschaft zurück fließt (siehe auch [Modelle/Reich./. Arm] “Einsamer Reichtum basiert auf der Verarmung der Bevölkerung - Gemeinsamer Reichtum basiert auf der Beschränkung der Reichen”).

Ja, Sie haben richtig gelesen! Die Volkswirtschaft leidet, weil einige Leute (etwa 3.000 bis 10.000) in Deutschland verhältnismäßig zu viel Geld “verdienen” (manche über 200 Mio. Euro im Jahr 2001). Es ist für die deutsche Volkswirtschaft ein riesiger Unterschied, ob 30.000.000.000 DM jährlich von 3.000 Steuerzahlern (Fall 1) oder von 3.000.000 Steuerzahlern (Fall 2) verdient werden.

Der eine Unterschied ist die viel breitere Streuung des Geldes und damit der folgenden Wirtschaftsgeschäfte. Geld fließt nicht wie der Nil in der Wüste, sondern in vielen Bächen und Flüssen durch das ganze Land. Die Reichen sitzen am Nil und werden reichlich mit Wasser (Geld) versorgt. Die übrigen Menschen sitzen in der Wüste im Trockenen.

Der andere Unterschied ist, dass die Umlaufgeschwindigkeit völlig verschieden ist, folglich auch die Konjunktur. Im 1. Fall wechselt das Geld den Besitzer im Schnitt nur etwa einmal jährlich (Wer mehr als 1 Mio. DM Einkommen hat, kann das, was darüber hinaus geht, gar nicht mehr so schnell ausgeben). Im 2. Fall wechselt das Geld gut 10 bis 50 Mal im Jahr den Besitzer; d. h. dass aus 30.000.000.000 DM Jahresverdienst rund 300.000.000.000 DM bis 1.500.000.000.000 DM Jahresverdienst werden, wenn sie breiter gestreut sind.

Nun werden Sie sagen, dass das doch durch ehrliche Arbeit verdientes Geld ist und man deshalb daran doch nichts ändern könne. Falsch! Das Geld, von dem hier die Rede ist, wird nicht mit eigener Arbeit verdient, sondern schlicht durch Dividenden, Steuergutschriften, Zinsen, Mieten und andere Unternehmensgewinne, m. a. W. durch “Füße-hoch-legen” und bloßen Besitz.

 

 

(Ergänzung 2008, um es noch einmal aus einem anderen Blickwinkel zu verdeutlichen:

Wenn von den Gewerkschaften Lohnerhöhungen (= Arbeitszeitverkürzungen) verlangt werden, dann trifft dies zu 99% Arbeitgeber, die selbst kaum mehr Geld zu verteilen haben, und nur zu 1% Arbeitgeber, die im Geld schwimmen. Wenn - umgekehrt - von Arbeitgeberverbänden Arbeitszeitverlängerungen (= Lohnkürzungen) verlangt werden, dann trifft dies zu 99% Arbeitnehmer, die selbst kaum Geld zum Leben haben, und nur zu 1% Arbeitnehmer, die im Geld schwimmen. Beide Sozialpartner betreiben also eine Politik, bei der ein “kleiner Mann” von einem anderen “kleinen Mann” etwas abnimmt, während die “großen Männer” ziemlich unbehelligt bleiben.

Der alte Streit zwischen den Sozialpartnern hat also einen nützlichen Effekt für unsere Meudalherren: Er lenkt ab von dem hier beschriebenen Interessenkonflikt zwischen den Meudalherren und dem Rest der Bevölkerung. Erhebt ein Gewerkschafter oder ein Politiker Forderungen zugunsten von Arbeitnehmern, dann hat der Meudalherr (in seiner Rolle als Arbeitgeber) gleich ein paar Millionen kleine Arbeitgeber auf seiner Seite, die die Arbeitnehmerforderungen ablehnen. Die Meudalherren treten also bei solchen Konflikten nie selbst in Erscheinung. Solange die Sozialpartner sich streiten, freuen sich die Meudalherren!

Die Forderungen der Gewerkschaften richten sich zwar zum Teil gegen die Meudalherren. Da sie sich aber auch gegen die kleinen und mittleren Unternehmer richten, helfen sie den Meudalherren mehr als sie ihnen schaden. Denn sie bringen die kleinen und mittleren Unternehmer in finanzielle Schwierigkeiten. Die Forderungen der Arbeitgebervertreter dienen zu allererst den Meudalherren, sodass von dieser Seite auch keine Lösung des Meudalismusproblems kommt.)

Nun ist es Zeit, die Überschrift hier zu korrigieren:

Weder die Gewerkschaften, noch die Arbeitgeber(verbände) haben Recht!

Und wenn wir deren Streit noch länger so in den Vordergrund schieben und das Wesentliche verkennen, werden wir bald sehen, dass Deutschland bald dem Beispiel von Argentinien (2001/2002) folgt!

 

Leser seit 11.7.2003:

DEN DEUTSCHEN MEUDALHERREN

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